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Digitalisierung und Online-Präsentation

Digitalisierung und Grazer Buchtisch

Viele der Lorscher Handschriften wurden von den besitzenden Bibliotheken in Eigenregie digitalisiert. Die restlichen Handschriften, deren besitzende Institutionen nicht das hierzu nötige Equipment besaßen, wurden im bzw. vom Heidelberger Digitalisierungszentrum aufgenommen. Die Digitalisierung der Lorscher Handschriften in Heidelberg erfolgt auf dem sogenannten Buchtisch „Grazer Modell“. Dieser mit einer hochauflösenden Digitalkamera (Canon EOS 5D Mark II) ausgestattete Kameratisch wurde von Restaurator und Dipl. Ing. Manfred Mayer in Graz speziell zur Digitalisierung von wertvollen Handschriften entwickelt und ermöglicht durch seine spezielle Konstruktion eine kontaktlose Direktdigitalisierung fragiler Manuskripte auf äußerst buchschonende Weise. Die Handschrift wird mit Hilfe eines Laserstrahls exakt positioniert, das aufgeschlagene Blatt jeweils durch den milden Sog einer Unterdruckeinrichtung fixiert. Die Kamera schaut immer im rechten Winkel auf das Blatt, so dass auch Verzerrungen minimiert werden können. Der Kameratisch „Grazer Modell“ wurde sowohl im Digitalisierungszentrum der Universitätsbibliothek Heidelberg als auch in der eigens für dieses Projekt eingerichteten Digitalisierungswerkstatt in Räumen der Vatikanischen Bibliothek in Rom eingesetzt.

Heidelberger Digitalisierungszentrum in der Biblioteca Apostolica Vaticana

133 Handschriften, die sich ehemals in der mittelalterlichen Klosterbibliothek Lorsch befanden, sind heute Teil des kostbaren und umfangreichen Bestandes der Biblioteca Apostolica Vaticana. 130 dieser Handschriften waren im Jahre 1622/23 mit der Heidelberger Bibliotheca Palatina nach Rom gelangt. Im Rahmen des Digitalisierungsprojektes „Bibliotheca Laureshamensis – digital“ erhielt die Universitätsbibliothek Heidelberg die Erlaubnis, in Räumen der Vatikanischen Bibliothek in Rom in Eigenregie die Digitalisierung der Lorscher Handschriften durchzuführen. So wurde in Kooperation mit der Vatikanischen Bibliothek im November 2010 ein Heidelberger Digitalisierungszentrum in Rom eingerichtet, um die Digitalisierung der Manuskripte durchzuführen. Die Digitalisierung der gesamten Lorscher Manuskripte wurde innerhalb von acht Monaten mit einem Team von sechs Mitarbeitern durchgeführt.

Die Digitalisierung in Rom erfolgte auf einem eigens für das Projekt angeschafften Kameratisch „Grazer Modell“. Für kleinformatigere Objekte und Fragmente wurde ein kompakteres Modell des Grazer Kameratisches verwendet, der sogenannte „Traveller“, der ebenfalls mit einer professionellen Digitalkamera ausgestattet ist. Die digital hochwertigen Farbaufnahmen erfolgten in einem klimatisierten und abgedunkelten Aufnahmeraum (ca. 20 °C).

Die Digitalisierung einer gesamten Handschrift umfasst Aufnahmen von: (1) Vorder- und Hintereinband, (2) Buchrücken, (3) Kopfschnitt, Unterschnitt, Vorderschnitt, (4) Vorder- und Hinterspiegel, (5) Aufnahmen der Recto- und Verso-Seiten und (6) eine Aufnahme mit Farbkeil und Maßstab.

Nach der Digitalisierung wurden die gesamten digitalen Aufnahmen der Handschrift anhand des Originals auf Vollständigkeit und Qualität überprüft. Fehlende oder den Qualitätsansprüchen nicht genügende Seiten wurden unmittelbar nachdigitalisiert und eingefügt, um eine originalgetreue Reproduktion des Buches sicherzustellen.

Weitere Informationen zum Heidelberger Digitalisierungszentrum in der Biblioteca Apostolica Vaticana

Online-Präsentation und Langzeitarchivierung

Im Anschluss an die Digitalisierung wurden alle Images von Mitarbeitern an der Universitätsbibliothek Heidelberg in das dem technischen Standard für die Langzeitarchivierung entsprechende TIFF-Format umgewandelt und mittels professioneller Bildbearbeitungssoftware nachbearbeitet, so dass Farb-, Helligkeits-, Kontrast- und Schärfegrad weitestmöglich dem Original entsprechen.

Für die weiteren Arbeitsabläufe setzte die Universitätsbibliothek Heidelberg das selbstentwickelte Programm DWork – Heidelberger Digitalisierungsworkflow ein. DWork ermöglicht die automatische Abwicklung sämtlicher Einzelschritte von der Metadatenerstellung bis hin zur Erstellung der Webpräsentation des jeweiligen Werks. Das Programm gewährt somit einen reibungslosen und übersichtlichen Workflow. Durch das sogenannte „elektronische Binden“ wird in DWork das Präsentationsmodell eines virtuellen Buches erstellt, welches online in der virtuellen Klosterbibliothek durchblättert werden kann.

Die Digitalisate wurden mit einer Auflösung von mindestens 300 dpi aufgenommen und im Internet im JPG-Format präsentiert, wobei jedes Digitalisat eine zitierfähige Adressierung in Form einer persistenten URL (PURL) erhielt. Dabei garantiert die Universitätsbibliothek Heidelberg zugleich für die Langzeitarchivierung der Präsentation.

Weitere Information zur Digitalisierung an der Universitätsbibliothek Heidelberg

Virtuelle Klosterbibliothek – Webpräsentation

Die Lorscher Handschriften standen bislang nur in wenigen Abbildungen zur Verfügung, deshalb ist die Abruf- und Überprüfbarkeit der Handschriften in Form von Digitalisaten ein deutlicher Fortschritt. Um die Geschlossenheit der ehemaligen Klosterbibliothek wiederherzustellen, wurden die Digitalisate in einer einheitlichen Oberfläche präsentiert. Da die Webpräsentation die digitalen Aufnahmen aus verschiedenen Digitalisierungszentren weltweit zusammenführt, waren geringfügige Unterschiede in der Anzeige jedoch kaum zu vermeiden. Die Online-Präsentation aller Lorscher Handschriften ist mit den heute üblichen, komfortablen Navigationsmöglichkeiten ausgestattet: Zoom-Funktion, verschiedene Vergrößerungsstufen, Inhaltsverzeichnis, Gesamtansicht, Durchblätterungsfunktion, direkte Einstiegsmöglichkeiten sowie die Option, die vollständige Handschrift als PDF-Dokument herunterzuladen.

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